Der Bau-Turbo soll beschleunigen. Das kann sich als Akzeptanzfalle erweisen, denn die formelle Öffentlichkeitsbeteiligung im Bebauungsplanverfahren fällt in vielen Fällen weg.
Den Bau-Turbo einschalten? Ja, aber bitte mit Kommunikation!
Der Gesetzgeber will Tempo machen. Mit dem geplanten Bau-Turbo sollen Projekte auch ohne klassischen Bebauungsplan deutlich schneller umgesetzt werden können. Möglich macht das der neue Paragraph im Baugesetzbuch (§ 246e BauGB-E), der künftig größere Vorhaben auch im unbeplanten Innenbereich oder außerhalb bestehender Planungen erleichtern soll. Das klingt nach Entlastung für alle, die bauen wollen. Und das ist es zumindest auf dem Papier.
Doch der vermeintlich schnelle Weg ist nicht ohne Stolpersteine. Was auf den ersten Blick wie eine planerische Abkürzung wirkt, könnte sich in der Praxis schnell als Akzeptanzfalle erweisen. Denn die formelle Öffentlichkeitsbeteiligung, wie sie das Bebauungsplanverfahren vorsieht, fällt somit in vielen Fällen weg. Damit fehlt genau die Schnittstelle, über die sich Nachbarschaften bislang frühzeitig darüber informieren konnten, was vor ihrer Haustür entsteht und wie sich die Umgebung verändern wird.
Erste Kommunen schlagen deshalb bereits Alarm. Nicht nur, weil der enge Zeitrahmen für Genehmigungen kaum mit den Sitzungszyklen kommunaler Gremien vereinbar ist. Sondern auch, weil der politische Druck, Vorhaben zumindest informell in Ausschüsse oder Ortsbeiräte zu bringen, unvermindert hoch bleibt. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass sie bei größeren und vor allem stadtbildprägenden Bauprojekten mitgenommen werden, und zwar unabhängig davon, ob das Verfahren formal eine Beteiligung vorsieht oder nicht.
Und sie haben gute Gründe: Der neue Gesetzesentwurf sieht ausdrücklich vor, dass Abweichungen vom bestehenden Plan unter Würdigung nachbarlicher Interessen und öffentlicher Belange genehmigt werden können. Aber was als „zumutbar“ oder „vereinbar“ gilt, ist Auslegungssache und wird in der Praxis oft erst dann geklärt, wenn Widerstand organisiert wird. Die Folge: Projekte geraten ins Stocken, Genehmigungsverfahren verlängern sich und der erhoffte Geschwindigkeitsvorteil ist dahin.
Gerade in Zeiten wachsender Skepsis gegenüber großen Bauvorhaben ist das Risiko hoch. Ob es um Nachverdichtung, neue Gewerbeflächen, Wohnhochhäuser oder soziale Infrastruktur geht, die Debatte um die künftige Gestalt einer Stadt wird leidenschaftlich geführt. Wer hier versucht, in Rekordzeit Fakten zu schaffen, läuft Gefahr, Misstrauen zu säen. Dabei ist Akzeptanz kein Luxus, sondern eine entscheidende Voraussetzung für Projekterfolg.
Kurz gesagt: Der Bau-Turbo kann nur funktionieren, wenn er kommunikativ begleitet wird. Wer auf Bürgerbeteiligung im klassischen Sinn verzichten muss, sollte andere Wege finden, um die Öffentlichkeit frühzeitig zu informieren: transparent, verständlich und lokal verankert. Ob durch Informationsveranstaltungen, Anwohnermailings, digitale Plattformen, Visualisierungen oder dialogorientierte Formate: Wer sich in der Nachbarschaft erklärt, entschärft Konflikte, bevor sie entstehen.
Auch für Vorhabenträger kann sich dieser kommunikative Mehraufwand lohnen. Frühzeitige Gespräche mit direkten Anwohnerinnen und Anwohnern, Workshops mit Interessengruppen oder offene Baustellentage schaffen Verständnis und oft sogar Unterstützung. Gerade in Projekten, die stark ins Stadtbild eingreifen, helfen anschauliche Visualisierungen, Modelle oder 3D-Rundgänge, um Skepsis abzubauen. Die Kosten für diese Maßnahmen sind in der Regel gering im Vergleich zu den finanziellen und politischen Schäden, die durch Verzögerungen entstehen können.
Denn eines ist klar: Was den Menschen nicht erklärt wird, wird am Ende oft bekämpft. Und dann wird aus dem Bau-Turbo schnell ein Akzeptanz-Bremser. Wer hingegen das hohe Tempo mit einer klaren, kontinuierlichen und verbindlichen Kommunikation kombiniert, kann nicht nur schneller bauen, sondern auch besser
